Mittwoch, 6. Februar 2008

Hochhäuser, Beton und Co


In einer Wirtschaftssendung des Zweiten Deutschen Fernsehens ging es um das Thema: Steigende Nebenkosten bei der Miete.

Als Beispiel wurde ein Rentnerehepaar gezeigt, das in einem Hochhaus wohnt und feststellen muss, dass die Nebenkosten so hoch angestiegen sind, dass das Paar sich gezwungen sieht, die Wohnung aufzugeben.

Vorher tastete die Kamera an der Fassade des Hochhauses hoch, in dem dieses Ehepaar lebt, und der Sprecher machte so ganz beiläufig die Bemerkung, dass dieses Hochhaus architektonisch keine Augenweide sei. Wohl bemerkt ein sauberes Haus mit klaren Linien und grossen Balkonen.

Ich fand, dass im Zusammenhang mit dem Thema dieses Berichtes, die Bemerkung völlig unerheblich und unwichtig war.

Und dennoch wurde sie gemacht, und das ist der Punkt an dem ich mich reibe. Immer wieder werden von Presse und Rundfunk, pauschal und undifferenziert, in irgendeiner Form abfällige und herabsetzende Bemerkungen über Hochhäuser gemacht.

In diesen Berichten werden ständig die schmückenden Attribute Beton, Plattenbau, hässlich, anonym, einsam verwendet und das mit monotoner Einfallslosigkeit.

Das interessante daran ist, dass beispielsweise das Ehepaar in dem oben erwähnten Hochhaus betonte, dass es die Wohnung nur ungern verlässt, weil es sich dort sehr wohl fühlt.

Und da fragt man sich natürlich als Betrachter, wie können Sie sich in diesem Haus, mit einer solchen Fassade wohl fühlen? Kann es daran liegen, dass dieses Ehepaar in dem Haus und nicht vor dem Haus wohnt?

Es steht ausser Zweifel, dass die Hochhäuser nicht den Charme eines barocken Schlosses haben. Aber sie bieten dem Bewohner alle Voraussetzungen dazu, sich ein wohnliches Zuhause einzurichten, was man von manchem schönen Schloss sicher nicht immer sagen kann, denn ob es dort im Winter immer gemütlich warm war, wage ich zu bezweifeln.

Wieso beurteilt man Hochhäuser nur nach der Fassade und am Ende nicht danach, wie sich die Menschen dort fühlen. Jedenfalls sind die nicht begeistert, wenn sie hören müssen, dass irgendwelche Schlauberger ihnen einreden wollen, dass sie dort, wo sie wohnen, auf keinen Fall glücklich sein können. Sie lassen sie zurück mit dem Gefühl, in einer menschenunwürdigen Wohnung zu leben. Letztenendes diskriminieren sie sie. Wer glaubt, auf seine gesellschaftliche Einordnung Rücksicht nehmen zu müssen, kann es sich nicht erlauben, in ein solches Haus einzuziehen. Da zieht man dann doch lieber in eine Altbau-Jugendstil Wohnung. Dabei beweist man Geschmack und Stil.

Eigentümlicher Weise habe ich noch nie eine abfällige Bemerkung über die einfallslose Monotonie beim Bau von Reihenhäusern gehört. Neuerdings werden sie auch aus Betonfertigteilen hergestellt und dann tapeziert man sie an der Aussenfassade mit Backsteinen. So lässt sich leben, schon ist das Haus wohnlich.

Die Diskriminierung von Hochhäusern fördert sicher auch den Wunsch nach einem Eigenheim, das in der Reputation weitaus höher steht, als eine Eigentumswohnung.

Hauptsache ein eigenes Haus, auch wenn es ein Reihenhaus ist. Anstatt dafür zu sorgen, dass man die Qualität von Hochhäusern verbessert, sie intern schalldicht macht und den Wohnkomfort erhöht, diffamiert man sie. Hochhäuser könnten durchaus eine hohe Lebensqualität besitzen. Man kann den Wohlfühlwert durch die Integration von Bädern, Sauna, Gemeinschaftsraum und begrünten Dachterrassen erhöhen. Da sie eine geringe Grundfläche verbrauchen, kann man sie mit kleinen Parkanlagen umgeben.

Im Gegensatz dazu verbauen wir mit vielen kleinen Eigentumshäusern die Grundfläche und zersiedeln das Land. Bis wir eines Tages nur noch ein paar Grünflächen für den Ackerbau haben, die in Notzeiten nicht ausreichen um die Bevölkerung autark zu ernähren.

Eines Tages werden wir nicht einmal Platz für eine kleine Parkanlage haben, aber dafür hat man dann sein kleines Handtuch von Garten hinterm Haus in dem man, wie in einem Gefängnishof, auf und abgehen kann.