Samstag, 13. Dezember 2008

Langeweile

Das sagt man so dahin: Ich hab jetzt Langeweile. Was ist es denn eigentlich, wieso fühlen wir uns nicht wohl? Sollte doch ein schöner Zustand sein. Man hat nichts zu tun, man kann sich ausruhen, man muss an nichts denken, man muss sich über nichts Sorgen machen?
Hoppla, das ist nun nicht selbstverständlich, denn gerade wenn wir Langeweile haben, fangen wir an über Gott und die Welt nachzudenken und da stoßen wir fast automatisch, weil wir eigentlich unbewusst, zielstrebig danach suchen, auf die im Augenblick anstehenden und auch die kommenden Probleme. Sie türmen sich in der Situation der Langeweile, wie von geisterhaft geschaffen, zu riesigen Gebirgen auf. Sie sind liebevoll hausgemacht, haben aber längst nicht die Qualität von hausgemachter Leberwurst.
Da komme ich tatsächlich ins philosophieren; wie ist das denn möglich? Und schon wird mir klar, dass Probleme sehr häufig auch das Produkt der Langeweile sind. Wir haben reichlich Zeit und da machen wir uns eben Probleme. Wobei die Betonung auf machen liegt, wir tun also etwas, wir sind produktiv, schaffen etwas Neues; ein Problem, das vorher noch nicht da war.
Wir haben nichts um die Hände, wie man so schön sagt. Wir haben nichts physisches oder geistiges, dass unsere Aufmerksamkeit verlangt und uns ablenkt. Da muss kein Nagel ins Brett geschlagen, kein Bild an die Wand gehängt werden. Da muss auch kein Brief geschrieben werden. Es muss auch nicht telefoniert werden. Wir haben auch keine Lust zum Fernsehen. Die Zeitung langweilt uns. Und das Buch, das wir gerade lesen, ist auch nicht besonders interessant. Es ist also nichts da, dass unser Hirn beschäftigt und fordert. Jetzt arbeitet es mit Vollgas im Leerlauf. Das kann sehr schnell zu Überhitzung führen. Und darum greifen wir zur Notbremse, wir machen uns Sorgen und verhindern so einen Kolbenfresser. Es ist besser wir machen uns Sorgen, als das wir zu intensiv an gar nichts denken.
Ja, soll das denn heißen, dass wir armen Schweinchen ständig was um die Ohren haben müssen, sonst kommen wir auf dumme Gedanken?
Aber wir können eben nicht einfach so dasitzen, an nichts denken und nichts tun!
Oh man, da fällt mir gerade ein, dass es ja Menschen gibt die das mit Erfolg tun und dabei mit sich und der Welt im Einklang sind. Das nennt man ja wohl meditieren, die große Kunst der Langeweile, die hohe Schule der Langeweile. Nun frage ich mich natürlich wo liegt denn eigentlich der Vorteil des Meditierens? Was habe ich noch vom Leben, wenn ich keine Beschäftigung habe, keine Arbeit und keine Probleme, bin ich dann überhaupt noch bewusst in dieser Welt?
Na ja, meditieren ist auf jeden Fall umweltfreundlich, der Energieverbrauch wird herabgesetzt und die Ressourcen werden geschont. Es ist wohl so etwas wie ein Erholungsurlaub vom Leben?
Jetzt wird es schwierig für mich, ist das wirklich erstrebenswert. Die Zeit unseres Erdendaseins, in der wir bewusst am Leben teilnehmen, ist ja sowieso schon gekürzt durch die nächtliche Ruhezeit. Wenn ich dann noch den ganzen Tag über meditiere, lebe ich dann überhaupt noch? Wäre das nicht so etwas wie ein lebend, bei vollem Bewusstsein vorauserlebter Tod? Da kann ich mir doch gleichen einen Strick nehmen!
Nein, dann langweile ich mich lieber, keine Sorgen mehr haben, keine Probleme mehr haben? Nein, die Sorge möchte ich nicht haben. Wo bleibt denn da der Spaß am Leben?