Samstag, 8. November 2008

Fluch oder Segen der E-Mail!

Noch vor wenigen Jahren schien es, als ob das Schreiben von E-Mails nur etwas für Technikfreaks und Privilegierte sei. Und heute? Alles Schnee von gestern. Heute ist es eine Normalität und für jeden zugänglich. Eine fantastische Möglichkeit der schnellen Nachrichtenübermittlung von A. Nach B. und da ist die Frage wohl erlaubt: Haben wir wirklich etwas gewonnen? Wohl nicht ganz so wie wir es uns erträumt haben. Unzweifelhaft gibt es viele Fälle, in denen eine E-Mail von großem Vorteil ist. Sie ist schnell und zuverlässig und übermittelt eine Nachricht schwarz auf weiß.
Aber die Sache hat auch einen Haken! Es ist alles viel zu einfach, viel zu leicht. Obwohl es uns noch nie so leicht gemacht worden ist, auf eine Nachricht zu antworten; wir Klicken auf der empfangenen E-Mail auf "Antworten", können ein, zwei Sätze schreiben, abschicken, fertig;
Denkste, möchte man sagen. Dabei ist alles ganz einfach, man benötigt kein Briefpapier, keinen Briefumschlag, keine Briefmarke, muss nicht zum Briefkasten oder zum Postamt. Wir setzen uns an den Computer, Schreiben die Nachricht, holen die Adresse aus dem Speicher, absenden, fertig.
Da es so einfach ist, schreiben wir häufiger und unsere Freunde und Bekannten bekommen weitaus häufiger Post, als sie das früher von uns gewohnt waren. Das Problem ist aber, früher bekamen sie einmal zu Weihnachten eine Postkarte, oder einen Brief. Diese Post wurde dann in einem Kraftakt einmal im Jahr beantwortet und man hatte Ruhe. Die Rolle des Beantworters war häufig sogar noch an die Ehefrau delegiert, weil der Ehemann ein Kommunikationsmuffel war.
Dann kam das Zeitalter der Computer, statistisch doch wohl eine Domäne der Männer, also fiel ihnen als eine Zugabe auch das Schreiben von E-Mails zu. Jetzt beginnt die Sache schwierig zu werden, da sie gar nicht so gerne schreiben, ignorieren sie die eine oder andere E-Mail und lassen sie unbeantwortet, die Sache beginnt lästig zu werden. Also schaut man nicht mehr so häufig in die E-Mails, löscht die aufgelaufenen Nachrichten und wartet auf den nächsten Ansturm.
Von der nicht angeforderten Werbung und ähnlichem will ich an dieser Stelle gar nicht reden.
Es ist also häufig so, dass unser Bedürfnis, etwas mitzuteilen, ins Leere läuft. Nicht unbedingt aus Boshaftigkeit bleibt unsere Nachricht unbeantwortet, sondern wohl mehr weil man sich dann doch ein wenig belästigt und überfordert fühlt. Heutzutage kann es schon mal vorkommen, dass man das Bedürfnis verspürt, einen bestimmten Spruch, einen Witz, ein paar interessante Bilder oder einen Zeitungsausschnitt seinen Freunden und Bekannten zukommen zu lassen. Dann schickt man ein Rundschreiben an 20 Personen. Und wenn wir dann auf eine Reaktion warten, werden wir meistens enttäuscht.
Wer macht sich heute noch bewusst, dass es früher ganz unmöglich war. Solche Rundbriefe hätten einen enormen Aufwand bedeutet. Man hätte 20 Kopien besorgen müssen, 20 Briefumschläge, 20 Briefmarken und 20 Adressen schreiben müssen. Ohne Not hätte das niemand getan. Da es aber so einfach ist solch einen Vorgang mit einer E-Mail zu starten, packt uns der Übermut und wir überfluten unsere Briefpartner mit Nachrichten, Notizen und Bildern, die für uns bemerkenswert und mitteilenswert sind. Das trifft aber leider nicht immer auf Gegenliebe und wir dürfen uns nicht wundern, wenn der Adressat nicht reagiert.
Wundern und auch ärgern dürfen wir uns aber, wenn wir eine ganz persönliche, individuelle Nachricht geschickt haben und darauf keine Antwort bekommen. Diese Art der Unhöflichkeit weitet sich aus wie eine Epidemie. Ja ist sie schon zur Selbstverständlichkeit geworden nach dem Motto, wenn du mir schreibst, tust du das auf eigenes Risiko. Und diese Einstellung finden wir noch häufiger, wenn wir Firmen, Behörden, Institutionen anschreiben und damit rechnen müssen, dass wir grundsätzlich nur eine Antwort bekommen, wenn dem Adressaten unseres Schreibens aus dem Kontakt mit uns ein Vorteil erwächst. Höflichkeit ist reiner Zufall. Geschäft ist Geschäft.
Und auf diese Art und Weise sind die so leicht Erreichbaren unerreichbar geworden.
Fluch oder Segen der E-Mail? Diese Frage muss letztendlich jeder für sich selbst beantworten.