Donnerstag, 22. Mai 2008

Glücklich?!


Um 12:30 Uhr sollte der Zug von München nach Hannover in München abfahren. Als er den Bahnhof erreichte war es 12:40 Uhr. Zu seinem Erstaunen erfuhr er, dass der Zug aber immer noch nicht eingetroffen war.

Da hatte er mal wieder Glück gehabt. Aber war er nun glücklich? Nein! Er hatte in München ein Vorstellungsgespräch, war aber abgelehnt worden. Aber auch wenn er den Job bekommen hätte, wäre er dann glücklich gewesen? Wahrscheinlich auch nicht. Er hätte einen Job bekommen, der schlechter bezahlt worden wäre, als seine bisherigen Anstellungen. Aber er wäre mit Sicherheit zufrieden gewesen. Er hätte einen vernünftigen Lebensunterhalt verdient und wäre nicht wieder auf Harz 4 angewiesen gewesen.

Während der längeren Zugfahrt hatte er Zeit zum nachdenken. Dabei fiel ihm auf, dass er alle diese Begriffe, Glück gehabt, glücklich sein, zufrieden sein ständig benutzte, ohne sich über ihre wahre Bedeutung im klaren zu sein. Schon allein dieses Wort; glücklich. Es hatte so ein breites Spektrum. Wann war man eigentlich glücklich? Es fiel ihm die Formulierung; wunschlos glücklich sein, ein. Wunschlos, das ist sicher ein Schlüssel zum glücklich sein, keine Bedürfnisse verspüren. Weder Hunger noch Schmerzen haben. Ein euphorisches Gefühl der Vollkommenheit, kein sich Sorgen um, kein hoffen auf, kein fürchten das. Auch kein nachgrübeln, kein denken an, kein suchen nach. Kein vermissen und kein warten auf.

Das Gefühl wesentlich zu sein.

Je mehr er darüber nachdachte um so deutlicher schälte sich dieser Begriff heraus. All dies erklärte aber auch, warum der Zustand des glücklich Seins nur von kurzer Dauer sein darf und muss. Denn der Zustand des glücklich Seins, ist gleichzeitig ein Zustand des abgehoben Seins, ein Zustand des abwesend Seins. Wir sind in diesem Zustand sorglos, und unaufmerksam. Wir sind in einem Zustand der Verletzbarkeit.

Wir leben nicht allein auf dieser Welt. Wir leben in einer Gemeinschaft, sind abhängig von ihr. Und jeder in dieser Gemeinschaft ist darauf bedacht, bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt seinen Vorteil zu suchen. Und leider geht es fast immer nur auf Kosten eines anderen. Darum können wir uns diesen Zustand allein aus diesem Grund nicht längere Zeit erlauben.

Aber davon einmal abgesehen, wenn der Zustand des glücklich Seins von Dauer wäre, würde er das sensationelle Gefühl des Aussergewöhnlichen entwerten.

Ständig glücklich sein würde uns sicherlich unglücklich machen.

In diesem Augenblicke wurde ihm plötzlich auch klar wie häufig er Zufriedenheit und glücklich sein durcheinander geworfen hatte. Zufriedenheit lässt immer noch etwas offen, glücklich sein ist abgeschlossen. Zufriedenheit hat etwas mit Erwartung zu tun. Man ist nicht wunschlos glücklich aber im Einklang mit dem jetzt. Das schliesst nicht aus, dass man in Zukunft mehr erwarten darf, mehr erreichen kann. Aber der Zustand befriedigt uns fürs erste.

Er lehnte sich in seinen Sitz zurück, er war glücklich eine Lösung gefunden zu haben. Doch dann korrigierte er sich schnell. Er hatte sich dabei ertappt wieder gedankenlos die falsche Formulierung benutzt zu haben. Also:

Er freute sich darüber eine Lösung gefunden zu haben, jetzt war er mit sich zufrieden.